Die Anzahl an Anbietern sogenannter Robo-Advisors nimmt stetig zu. Sie wollen den klassischen Anlageberater durch einen Algorithmus ersetzen und sogar die komplette Beratung digitalisieren. Dabei sieht die Rendite oft nicht ganz so rosig aus, wie in der Theorie. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie Sie die Sache selbst in die Hand nehmen und Sie Ihr eigener Robo-Advisor werden können.
Die einen mögen es, den kompletten Aufwand und die Arbeit von A bis Z abzugeben. Andere Trader wiederum lieben es, alles selbst in die Hand zu nehmen. Für die erste Kategorie sind Robo-Advisor perfekt! Ein paar Fragen beantworten, eine Unterschrift setzen, das Kapital überweisen: fertig! Schon übernimmt der Robo-Advisor die komplette Arbeit für uns.
Tradern der zweiten Kategorie geht dabei allerdings nicht gerade das Herz auf. Denn nicht nur der Aufwand, auch der Einfluss wird abgeben. Sie können nicht sehr viel bestimmen und beobachten. Wie werden sie dennoch damit glücklich, ohne auf die Vorteile der Robo-Advisor zu verzichten? Ganz einfach: sie bauen ihren eigenen Robo-Advisor!
Inhalt
Was ist ein Robo-Advisor?
Das Wort „Robo-Advisor“ besteht aus „Robot“ (Roboter) und „Advisor“ (Berater). Robo-Advisor sind also digitale Berater, die uns bei der Anlage unseres Vermögens helfen. Früher haben wir dafür noch einen Termin mit unserer Hausbank vereinbart. Vor Ort wurden uns vom Berater ein paar Fragen gestellt, deren Antworten er für uns in den PC tippte.
Im Anschluss druckte der Berater uns ein mehr oder weniger individuelles Angebot aus und schlug uns vor, wie wir am besten unser Vermögen anlegen sollten.
Dieser gesamte Prozess wurde digitalisiert und dabei auch optimiert. Heute stellen uns die Anbieter der Robo-Advisors online ein paar Fragen und schon ist der Anlageplan für uns erstellt – so individuell, wie es mit ein paar Fragen eben möglich ist. Wenn uns der Plan zusagt, dann unterschrieben wir digital den Vertrag und überweisen unser Kapital nach der kompletten Kontoeröffnung inklusive Verifizierung.
Ab diesem Zeitpunkt entscheiden Roboter vollautomatisch, in welche Werte unser Vermögen investiert wird. Dabei haben wir kaum technische Hürden oder Verantwortung. Wir müssen nichts installieren und auch keinen Roboter überwachen. Der Anbieter selbst sorgt dafür, dass technisch im Hintergrund alles glatt über die Bühne geht.
Unterschied zu automatischen Handelssystemen
Der Begriff der Fintech-Start-ups kursiert in Deutschland erst seit Ende 2016. Der allgemeine automatische Börsenhandel war damals auch bei Privatanlegern schon bekannt. Die Begriffe Algo-Trading, Expert Advisor und Robo-Trading sagten fast jedem Trader bereits etwas. Besonders durch den MetaTrader 4 oder 5 haben private Trader einen einfachen und kostengünstigen Weg, um eigenständig automatisiert an der Börse zu traden. Ist der neue Begriff „Robo-Advisor“ also nur ein Trick der Marketingabteilungen, um etwas Existierendes als neu vermarkten zu können?
Nein: Der Unterschied liegt im Detail und geht teils auch schon aus dem Begriff hervor.
Ein automatisches Handelssystem konzentriert sich auf die vollautomatische Umsetzung einer Handelsstrategie. Ihre Parameter legt der Programmierer bei der Entwicklung fest. Zum Beispiel soll das Handelssystem jeden Montag um zehn Uhr den DAX kaufen und um 15 Uhr am nächsten Handelstag verkaufen. Es gibt keine beratende Komponente, im Gegensatz zu einem Robo-Advisor. Er stellt uns zu Beginn Fragen wie:
- Welche Variante bevorzugen Sie: risikoreich oder risikoarm?
- Möchten Sie in internationale Werte investieren?
- Ist Ihnen eine breite Diversifizierung wichtig?
- Möchten Sie ausschließlich in Aktien investieren?
und so weiter.
Beispiel-Performance von unserem Handelssystem “Känguru Trader”.
Unsere Antworten legen im Hintergrund fest, welche einzelnen Strategien mit welchen Risikoeinstellungen automatisch gehandelt werden. Dort finden wir dann die einzelnen Handelssysteme. Sie sind primär auf das Investieren statt aufs Traden aus. Die meisten Systeme halten ihre Aktien und ETFs über einen relativ langen Zeitraum. Das Eingehen von Short-Positionen (also das Setzen auf fallende Kurse) sieht man auch hier eher selten.
Seien Sie Ihr eigener Robo-Advisor!
Wenn wir uns leidenschaftlich für die Themen Börse, Investments und Trading interessieren, dann können wir uns auch einen eigenen Robo-Advisor bauen. Wir selbst wissen ganz genau, was wir möchten. Einen digitalen Fragebogen, um unsere Interessen, Ziele und Vorlieben zu ermitteln, brauchen wir nicht. Zusätzlich müssen wir uns an keine Vorgaben wie regulierte Robo-Advisors halten. Wir möchten auch in Pennystocks investieren? Dann tun wir das!
Erst planen, dann umsetzen!
Ganz ohne Plan geht es auch hier nicht. Wir sollten vorher das Interview, das die Robo-Advisor-Anbieter geführt hätten, mit uns selbst führen. Damit haben wir schon mal einen groben Fahrplan und erkennen schnell, ob sich unsere Ziele überhaupt erfüllen lassen. Wenn wir zum Beispiel nur 2000 euro investieren möchten, dann müssen wir bei unserem Handelssystem sehr kostenoptimiert unterwegs sein und es eventuell selbst programmieren. Möchten wir Werte handeln, die sich nicht bei unserem Broker handeln lassen, dann benötigen wir eventuell ein zweites Konto bei einem anderen Broker.
Beschaffung und Erstellung der Handelssysteme
Ohne mindestens ein Handelssystem wird unser eigener Robo-Advisor keine Trades durchführen können. Also müssen wir uns nun auf die Suche machen. Wir haben vier Möglichkeiten:
- kostenfreie Handelssysteme in Internet suchen
- kostenpflichtige Handelssysteme erwerben
- Handelssystem extern programmieren lassen
- eigenständig ein Handelssystem programmieren.
Betriebsbereite Handelssysteme finden
Das Angebot im Internet ist groß. Mit einfachen Suchbegriffen bei Google wie „Automatische Handelssysteme“ oder „Expert Advisor“ finden wir schon zahlreiche Anbieter automatischer Handelssysteme. Dabei sollten wir ganz genau aufpassen und uns nicht von schönen Renditeversprechen blenden lassen. Die Handelssysteme wird es auch noch einige Wochen später zum Kauf geben. Sind die Zahlen realistisch? Passt das Risiko zu meinem Plan? Wäre ich mit der Rendite und dem Drawdown aus der Vergangenheit zufrieden? Bekomme ich bei der Installation und Einrichtung Hilfe vom Anbieter? Hat der Anbieter ein ordentliches Impressum oder versteckt sich der Verkäufer? Diese Fragen sollten wir uns möglich vor dem Kauf stellen. Denn danach gibt es in der Regel keine Möglichkeit mehr, das Handelssystem zurückzugeben. Ähnlich wie beim Kauf einer CD oder DVD, deren Verpackung schon geöffnet wurde.
Handelssysteme programmieren (lassen)
Wenn wir bereits über eine profitable Strategie verfügen, dann müssen wir nicht auf ein fertiges System zurückgreifen und können unsere Idee in ein Handelssystem umwandeln (lassen). Dabei haben wir einen ganz großen Vorteil gegenüber dem Kauf eines fertigen Systems: Das Handelssystem agiert zu 100 Prozent so, wie wir es möchten. Zusätzlich verstehen wir auch jeden einzelnen Schritt und können jede Aktivität uneingeschränkt nachvollziehen. Einen großen Nachteil gibt es allerdings: Wir müssen programmieren können (insbesondere die Metatrader- Programmiersprache MQL4 oder MQL5) oder einen Programmierer beauftragen. Das kostet entweder Zeit oder Geld. Auch hier finden wir im Internet einige Firmen, die sich auf genau diese Programmierung spezialisiert haben. Es gibt eine Zwischenlösung: sogenannte „Generatoren“ oder „Builder“. Das sind Programme, die wir auch als Nichtprogrammierer bedienen können. Sie wandeln unsere Strategie in Quellcode um. Somit können wir eigene Handelssysteme entwickeln, ohne auch nur eine Zeile Code zu schreiben. Wie so oft finden wir auch hier einige Tools im Internet unter den Suchbegriffen „EA-Generator“ oder „Algo-Trading Builder“.
Wir selbst von Algo-Camp bieten ebenfalls einen Expert Advisor-Generator für den MetaTrader 4 und 5 an. Hier können Sie sich einen kostenfreien Testzugang erstellen.

Portfolio
Damit wir so gut aufgestellt sind wie das derzeitige Angebot an Robo-Advisors, benötigen wir mehr als nur ein einziges Handelssystem, nämlich ein komplettes Portfolio. Schicken wir nur ein Handelssystem ins Rennen, das zum Beispiel die Apple-Aktie handelt, dann sind wir abhängig vom Verlauf dieser einer Aktie.
Stagniert sie über einen längeren Zeitraum, dann gewinnen wir weder mit Long- noch mit Short-Trades. Daher sollten wir unbedingt entweder Handelssysteme entwickeln, die mit mehreren Assets profitabel sind, oder mehrere Handelssysteme an den Start bringen, die jeweils unterschiedliche Assets auf unterschiedlichen Zeitebenen handeln. Im Idealfall unterscheiden sich auch die Arten der Handelsstrategien sehr stark: System A setzt beispielsweise auf Trends und handelt die 30 DAX-Aktien, System B handelt Trendkorrekturen bei EUR/USD und GBP/USD.
Fazit
Auch als Privatanleger können wir mit relativ wenig Geld- und Zeiteinsatz unseren eigenen kleinen Robo-Advisor bauen. Da wir uns nicht an regulatorische Vorgaben halten müssen (wir bieten den Robo-Advisor schließlich nicht öffentlich an, sondern nutzen ihn ausschließlich selbst), haben wir einen viel größeren Spielraum bei der Auswahl der Assets. Dafür tragen wir aber auch eine größere Verantwortung. Wenn die Handelssysteme Fehler im Quellcode („Bugs“) enthalten, dann müssen wir uns um deren Behebung kümmern. Und wir müssen immer sicherstellen, dass die Systeme noch laufen.
David Warney ist neben der Tätigkeit als Geschäftsführer auch leidenschaftlicher Trader, Algo-Trader und Investor. Bereits im jungen Alter von 15 Jahren begann er seine Ausbildung in einer Berliner Vermögensverwaltung. Bereits seit 17 Jahren lebt er vom Trading und hat die Liebe zur Börse noch immer nicht verloren.